der unvermeidliche moleskine-eintrag

vor einigen tagen war es einmal wieder soweit, ich benötigte ein neues notebook. galt es
doch, meine zumeist unleserlichen notizen, die zahllosen (bislang doch immer wieder zugunsten einer besseren lösung verworfenen) dissertationsgliederungen und ohne zweifel brillianten romanskizzen nicht dem vergessen anheim fallen zu lassen.

so stand ich also vor dem regal meines lieblingsschreibwarengeschäftes und streckte in einem neuerlichen versuch die hand nach ihm aus, einem klassischen moleskine-din-a5-notebook, noch guter hoffnung, dass es diesmal gelingen werde.

doch da waren sie wieder, die bilder, die sich mal um mal eingestellt und einen kauf bislang unmöglich gemacht hatten ...

... die grünen berge vermonts, dichte wälder, liebliche täler und am waldesrand, umgeben von einer verwitterten mauer, der kleine familienbetrieb, von generation zu generation weitergegebenes traditionelles handwerk. in der ferne der dichte hain eichen, deren rinden den gerbstoff für die gruben liefert. gleich daneben die weitläufigen, von tief in die erde gerammten brettern gesäumten felder, deren böden mit zahlreichen sonderbaren erdaufwürfen übersät sind.
betritt man den hof, umgibt einen sogleich eifrige geschäftigkeit, lehrjungen eilen mit großen körben in die erste fertigungshalle, die die frühe jagdausbeute des dachshundrudels enthalten. hier wird den leblosen kleinen körpern sorgfältig das fell abgezogen, bevor sie selbst auf einem haufen in der ecke landen, nun einer anderen possierlichen spezies der unterwelt nicht unähnlich. die felle werden sodann auf rahmen gespannt und an haken befestigt, die in schienen rund um die fertigungshalle laufen. an deren ende werden sie herabgehoben und in die gerbgruben verbracht, in denen sie an die 24 monate verbleiben, bis der gerbprozess abgeschlossen ist. sind die felle getrocknet und glattgezogen, gelangen sie in körben in die letzte fertigungshalle, in der meister ihres fachs auf mit otterleder bezogenen satteln mit hilfe schwerer eisenhämmer unter tausenden von schlägen die winzigen felle zusammenfügen, bis sie eine nahtlose fläche ergeben. die so erzeugten umschlagbögen werden nun umgehend an die hauseigene papiermühle weitergeliefert, wo mit ihnen sorgsam notebook um notebook bezogen wird, eine qualität, die weltweit ihresgleichen sucht ...

... ich weiss, das ist natürlich alles blanker unsinn - das (auch nur ehemals) verwendete moleskin ist nicht wirklich leder, die firma liegt überhaupt nicht in vermont und ich sollte vielleicht mal dringend etwas gegen meine blühende phantasie unternehmen.

und doch gab es auch diesmal wieder meinem vegetarierherzen einen stich, ich seufzte kurz und griff dann nach einem clairefontaine-notebook, denn die erinnern mich zum glück nur an paris ...